Kaffeekränzchen mit Fritz Jergitsch (Die Tagespresse)

Kaffeekränzchen mit Fritz Jergitsch (Die Tagespresse)


02.11.2015 · Lifestyle · von Jana

Er hat jeden von uns schon mindestens einmal zum Schmunzeln gebracht oder sogar für einen 10-minütigen Lachanfall gesorgt. Die Artikel der Tagespresse gehören für viele mittlerweile zur Pflichtlektüre. Wir haben den Mann dahinter, Fritz Jergitsch, für dich getroffen. 

Um kurz vor 14:00 Uhr stehe ich vor dem vereinbarten Café. Punktgenau schlendert ein junger Mann mit blauer Kapuzenweste in meine Richtung. Fritz Jergitsch ist 24 Jahre alt, hat in Holland studiert und ist derjenige, der die Tagespresse ins Leben gerufen hat. Er bestellt Tee. Auf meine Frage, ob er keinen Kaffee mag, antwortet er lächelnd: „Ich habe heute schon so viel Kaffee getrunken, ich muss aufpassen, dass ich keinen Schlaganfall krieg.“

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Erzähl uns doch bitte zu Anfang kurz wie die Tagespresse entstanden ist.

Ich war immer ein großer Fan vom Postillon und habe irgendwann gemerkt, dass so etwas in Österreich einfach fehlt. Dann hab ich mich kurzerhand selbst hingesetzt. Ich habe schnell gemerkt, dass es mir Spaß macht und ich das öfter machen könnte. Ich habe mich am Postillon orientiert aber das Konzept auf die Spitze getrieben, indem ich in jeder Facette komplett ernst geblieben bin. Außerdem habe ich versucht ein sehr seriöses Layout aufzuziehen und damit bin ich dann im Mai 2013 online gegangen.

 

Hast du einen Lieblingsartikel oder ein Lieblingsressort?

Die Ressorts sind bei uns eigentlich ziemlich wurscht. Sie dienen im Prinzip nur dazu, die Imitation und das Bild eines seriösen Nachrichtenmagazins aufrecht zu erhalten.

Mein Lieblingsartikel war wahrscheinlich eh jener, der am besten gegangen ist: „Brief lag jahrelang auf Postamt herum: Aufnahmebestätigung der Kunst-Uni erst jetzt an Adolf Hitler zugestellt“. Der Artikel war von Jürgen, von meinem Co-Autor, und wurde 1,2 Millionen mal angeklickt. Das ist unser bester Artikel bis jetzt gewesen. Als er mir die Headline vorgeschlagen hat bin ich erst mal ein paar Sekunden mit offenem Mund dagesessen, weil das so ein unglaublicher Gedanke ist. Deswegen ist das wahrscheinlich mein persönlicher Lieblingsartikel.

 

Was bedeutet die Tagespresse für dich?

Für mich ist es mittlerweile ein Vollzeitjob, aber einer der Spaß macht. Ich führe ein sehr surreales Leben, die meisten Leute in meinem Alter studieren oder arbeiten schon. Für mich ist es zwar ein Job, aber es ist eben ein sehr lockeres Leben. Ich stehe in der Früh auf und das erste was ich mache, ist mal einen Artikel online zu stellen. Das Ganze macht mir Spaß, also es ist eine angenehme Mischung aus Hobby und Beruf.

Ich kann auch von der Tagespresse leben. Wir haben unsere Werbeanzeigen und durch die vielen Klicks, die wir auf Facebook generieren, können wir mit der Werbung auch relevante Umsätze machen.

 

Woher beziehst du deine Themen? Wie kommt es dazu, dass du dir denkst: „Darüber muss ich schreiben!“

Aus den Medien. Ich verfolge die momentanen Ereignisse und überlege mir eine lustige Geschichte dazu. Als Satiriker will ich primär unterhalten, aber auch Missstände aufzeigen. Das heißt ich muss immer Themen finden, die in meinen Augen zu kritisieren sind.

 

Man hat ja mittlerweile das Gefühl, dass sich die angesprochenen Personen oder Unternehmen darüber freuen, in euren Artikeln aufzutauchen. Wenn wir beispielweise an Vapiano und das „selber abwaschen denken“.

Ja natürlich. Für Vapiano war der Artikel auf den ersten Blick negativ aber auf den zweiten Blick muss man sich überlegen, was dieser satirische Artikel transportiert. Nämlich, dass du bei Vapiano ein neues Gastronomie-Konzept erlebst, bei dem du ein bisschen mehr selbst machst aber dafür auch weniger bezahlst. Und diesen Grundgedanken haben wir einfach bis ins Absurde übertrieben. Satire funktioniert eben so. Entweder du reagierst mit Humor darauf oder gar nicht.

 

Auf der Website, wird erklärt, falls man sich persönlich angegriffen fühlt kann man sich melden und es wird in Erwägung gezogen, eine Abänderung vorzunehmen. Ist das jemals passiert?

Ein einziges Mal. Da hab ich es auch nachvollziehen können und den Artikel abgeändert. In dem konkreten Fall war es so, dass die Person erst seit kurzem im Rampenlicht gestanden ist. Ich habe verstanden, dass sie nicht damit umgehen konnte, auf diese Art und Weise satirisch angegriffen zu werden.

Ich denke aber es kommt so gut wie nie vor weil wir eigentlich darauf achten, nicht unter die Gürtellinie zu gehen, wir sind kein Rüpelmagazin.

 

Wie weit darf, deiner Meinung nach, Satire gehen?

Man kann keine richtige Grenze aufzeigen. Satire muss immer einen gewissen Gehalt haben und immer lustig sein. Sie sollte aber nicht grundlos provozieren ohne irgendetwas aufzuzeigen. Solang die, sagen wir mal, Zielperson es verdient hat, kann die Satire ruhig walten – innerhalb von gewissen Freiheiten natürlich.

 

Wo wärst du jetzt, wenn du die Tagespresse nicht hättest?

Schwer zu sagen. Ich hätte, glaub ich, versucht bei einer PR-Agentur zu arbeiten. Vielleicht wäre ich Social Media Manager oder würde einen Master in Politik machen. Das war mein ursprünglicher Plan. Ich wollte nach dem Bachelor ein Jahr arbeiten und dann einen Master machen. Dann ist mir die Tagespresse mehr oder weniger dazwischen gekommen.

 

Könntest du dir vorstellen, die Tagespresse irgendwann mal abzugeben?

Ja schon. Ich bin natürlich emotional mit der Tagespresse verbunden, aber wenn ich irgendwann mal merken würde, ich habe nicht die Energie das so weiter zu betreiben, würde ich sie abgeben. Früher oder später werde ich sicher etwas anderes machen wollen.

 

Wie oft liest du dir einen Artikel durch, bis du dir denkst: “ Jetzt ist er fertig!“?

Also meistens ist es so, dass ich den Artikel abends zugeschickt bekomme oder selber schreibe. Am nächsten Tag suche ich ein Foto, dann gehe ich nochmal zurück zum Artikel und ändere die Schriftart in Comic Sans. Das ist ein kleiner kognitiver Trick. Dann glaubt dein Gehirn, es liest einen neuen Text und du liest ihn mit neuen Augen. Du siehst viel besser spröde Formulierungen oder Rechtschreibfehler.

 

Hast du manchmal Angst, nicht lustig genug zu sein?

Also es kommt schon vor, dass die Leute sagen: „He, der Artikel war echt nicht witzig.“ Aber das passiert zum Glück immer seltener. Wie ich begonnen habe, war es oft so, dass nur jeder vierte Artikel gut gegangen ist. Dann irgendwann ist nur jeder vierte nicht gut gelaufen. Aber das „ab und zu daneben hauen“ gehört einfach dazu.

 

Es kommt eben auf den Geschmack an.

Ja genau. Teilweise passiert es mir, dass mir jemand sagt: „Fritz, der ist Artikel genial!“ Und ich denke mir: „Was wirklich? Gerade der?“

Ein anderes Mal ist es dann wieder umgekehrt. Da finde ich persönlich den Artikel richtig geil, lache mich halbtot und der läuft dann aber nur mittelmäßig.

 

Fritz Jergitsch ist das beste Beispiel dafür, dass man einerseits zu seiner Meinung stehen und sie auch verbreiten kann aber deswegen nicht gleich ein Platzhirsch sein muss, der sie jedem aufdrücken möchte. Ein Mensch mit politischer Meinung, der sich über gewisse Dinge ärgert aber trotz großer Aufmerksamkeit kein bisschen abgehoben ist.

Last but not least möchten wir dich auf die neue App der Tagespresse aufmerksam machen. Also schnell für Android, iPhone oder iPad downloaden, dann kannst du Unterhaltung mobil und rundum die Uhr genießen. Ein kleiner Lachanfall im Zug hat noch niemandem geschadet. Ende November gibt’s dann auch das neue Buch für die Print-Fans, die gerne mal etwas anderes als ihr Smartphone in den Händen halten.

 



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